19. Juni 2025
Die Illusion des "Guten": Warum CEO Leistung erstaunlich umstritten ist
Der Artikel wurde aus der Video-Abschrift erstellt und von Dr. Hermann J. Stern bearbeitet. Video auf Englisch
Wir alle wollen "Leistung", besonders wenn sie mit der Vergütung von Führungskräften in Verbindung gebracht wird. Aber was genau ist gute Leistung? Das klingt doch ganz einfach, nicht wahr? "Man muss sich nur die Zahlen ansehen, richtig?" Wie sich herausstellt, ist die Antwort weitaus schwieriger, als wir typischerweise denken.
In diesem zum Nachdenken anregenden Ausschnitt aus einer kürzlich an der Universität St. Gallen gehaltenen Vorlesung stellt Dr. Hermann J. Stern seine Studenten vor eine scheinbar einfache Aufgabe: Analysieren Sie eine mehrjährige, vereinfachte Gewinn- und Verlustrechnung (Erflogsrechnung) eines echten Unternehmens und ermitteln Sie das Jahr mit der "besten" Leistung. Die Ergebnisse waren... erhellend und auch ein wenig beunruhigend.
Es gab keine einstimmige Einigung auf ein einziges herausragendes Jahr. Stattdessen entbrannte eine lebhafte Debatte mit überzeugenden Argumenten für mehrere und unterschiedliche Jahrgänge. Ein Schüler sprach sich für das Jahr 6 aus und verwies auf den hohen Gewinn, die gesunde Gewinnspanne und das beträchtliche Umsatzwachstum, das die bisher grösste Grösse des Unternehmens markierte. Ein anderer argumentierte leidenschaftlich für das Jahr 5 und hob die dramatische Wende des Umsatzwachstums von einem negativen zu einem positiven Bereich hervor, was eine beeindruckende Dynamik darstellte. Ein weiterer Student vertrat die wirtschaftliche Perspektive, indem er darauf hinwies, dass das Jahr 4 den höchsten absoluten Gewinnanstieg aufwies, was wohl der direkteste Faktor für den Unternehmenswert ist. Sogar Jahr 2 und das anfänglich starke Ergebnis von Jahr 1 fanden ihre Befürworter.
Die wichtigste Erkenntnis aus dieser Übung ist nicht die Antwort auf die Frage, welches Jahr das beste ist. Es ist die überraschende Erkenntnis, dass wir selbst bei Vorlage der einfachsten Finanzdaten nur schwer einen Konsens darüber erzielen können, was eine "gute" Leistung ausmacht. Unterschiedliche Kennzahlenkombinationen erzählen unterschiedliche Geschichten, und individuelle Perspektiven und Prioritäten prägen unweigerlich unsere Interpretation derselben Zahlen.
Überlegen Sie nun die Folgen für leistungsbezogene Vergütungssysteme. Wenn wir uns selbst bei einem vereinfachten Szenario nicht darauf einigen können, wie eine gute Leistung im Nachhinein aussieht, wie können wir dann überhaupt klare, eindeutige Meilensteine und Messgrössen definieren, um Anreize zu schaffen und Leistung prospektiv zu belohnen?
Finanzielle Zahlen, die zwar objektiv erscheinen, können als alleinige Erfolgsindikatoren überraschend tückisch sein. Wenn man sich zu sehr auf die Maximierung einer Kennzahl konzentriert, kann dies negative Folgen in anderen wichtigen Bereichen haben. Die Übung unterstreicht die inhärente Komplexität der Leistungsbeurteilung und die Gefahren, die entstehen, wenn man sich bei der Festlegung der Vergütung von Führungskräften ausschliesslich auf eine begrenzte Anzahl von Finanzzahlen verlässt.
Dieses kurze Video veranschaulicht auf eindrucksvolle Weise die grundlegende Herausforderung der leistungsbezogenen Vergütung. Verfolgen Sie die Debatte und verstehen Sie, warum die scheinbar einfache Frage "Was ist gute Leistung?" tiefgreifende Auswirkungen auf die Gestaltung von Anreizsystemen hat. Es ist eine wichtige Erinnerung daran, dass die Leistungsbeurteilung weitaus nuancierter ist als das blosse Ablesen der Bilanz. Klicken Sie im obigen Video auf "Play", um die Diskussion zu verfolgen und vielleicht Ihre eigenen Annahmen über die Erfolgsmessung zu überdenken.